Reith Wehner Storch Architekten

Behördenhaus am Schlossgarten, Erweiterung Südflügel

Konzept

Der vorliegende Entwurf für den Südflügel vervollständigt den bestehenden (fragmentarischen) Baukörper am Heinrich von Bibra Platz. Maß und Form des Ergänzungsbaukörpers werden dabei am bestehenden Nordflügel abgeleitet, ohne zu replizieren. Vielmehr wird eine eigene architektonische Haltung bei der Übersetzung der bestehenden Elemente in eine neue Architektur entwickelt. Der Entwurf vermeidet dabei Dinge neu zu erfinden und achtet das Denkmal ein Solches. Die Ergänzung des Südflügel erfolgt konsequent im Sinne des „Weiterbauens“.Der Verführung hier erfinderisch oder schöpferisch tätig zu werden, wird eine zurückhaltende Architektur entgegengesetzt, die erst in der zweiten Wahrnehmungseben eine Aussage zu Ihrer Entstehungszeit gibt. Der Entwurf entwickelt dabei durch Reduktion einen eigenen Stil, der sich der Moderne klar zuordnet, und den Respekt vor dem Bestehenden wahrt.

Erschließung

Der geplante Südflügel erhält einen eigenen Eingang, der in seiner Wirkung die gleiche Bedeutung einnimmt wie der Eingang des bestehenden Nordflügels. Die Eingangssituation des Südflügels wird dabei mit ähnlichen Elementen in der Fassade und im Stadtraum abgebildet wie beim Nordflügel. Bei beiden Flügeleingängen/Seiteneingängen bildet sich in der Fassade eine kolossal angeordnete Rotsandsteinfläche ab, die Geste und Hinweis für die Eingänge ist. Eine steinerne Treppenanlage/Podest wird beiden Eingängen vorgelagert. Beide Eingänge werden durch ein auskragendes Vordach geschützt. Die Erschließung des Südflügels erfolgt jedoch schwellenfrei und rollstuhlgerecht. Die Planung sieht die Seiteneingänge der Flügelbauten als untergeordnete Eingänge vor, die zwar eine eigenständige Erschließung und Adresse der Flügel anbieten, aber gleichzeitig den Haupteingang des Mittelbaukörpers in seiner Bedeutung nicht schwächen.

Grundrissstruktur

Im Bestand findet sich eine solide und zeitlose Grundrissstruktur, die den heutigen Anforderungen entspricht. Die Grundrissstruktur des Neubaus wird aus dem Bestand abgeleitet wird. Der neue Gebäudetrakt wird über eine mittig angeordnete Flurzone erschlossen, welche die Nutzfläche wirtschaftlich (zweispännig) erschließt. Die klassische und gültige Erschließungstypologie wird somit gewürdigt und fortgeführt. Durch den Verzicht auf tragende Innenwände können jedoch unterschiedlichste Büroformen vom Zellenbüro bis zum open Space Büro realisiert werden und so die jeweiligen Nutzeranforderungen über Innovative Bürokonzepte und moderne Arbeitsplatzformen erfüllt werden. Es wird eine direkte Anbindung an den Bestand in allen Grundrissebenen geschaffen. Sowohl die Nutzung durch einen Fremdmieter, als auch die Anbindung und Nutzung im Zusammenhang mit dem Bestand wird so möglich.Im Bereich des neu geschaffenen Treppenhauses, wo die Flurachse des Bestands und die des Neubaus zusammenkommen wird ein kommunikativer Bereich für Pausen geschaffen. Eine Teeküche/Cafébar ist hier verortet. Die innere Raumstruktur wird ohne tragende Innenwände geplant und in ein Stützensystem aufgelöst, sodass bei Bedarf ohne größere bauliche Maßnahmen die Raumstruktur angepasst werden kann.

Nutzungen

Foyer und Saal

Das Foyer und der Saal werden im Erdgeschoss vorgeschlagen, da sich hier vom Bestand die höchste Raumhöhe ableiten lässt und ein großzügiger Saal geschaffen werden kann. Der Saal mit vorgelagertem Foyer und Garderobe kann sowohl in seiner Gesamtheit (Ein-Raum) oder durch mobile Trennwände in 3 Räume unterteilt werden. Der Eingangsbereich zum Foyer ist in Rotsandstein vorgesehen.

Büroebenen

Die Büroebenen können dem Bestand zugeordnet werden, oder separat vermietet werden. Durch die nichttragenden Innenwände sind verschiedene Bürotypologien möglich, die auf den vorliegenden Entwurfsblättern in Varianten dargestellt werden. Möglich sind z.B. Kombibüros, Gruppen-/Doppelbüros, sog. Business-Club-Büros, Open-Space-Büros, oder Zellenbüros.

Fassade

Die Fassade, wir zählen hier das Dach hinzu, folgt dem eingangs erwähnt Prinzip des „Weiterbauens“. Dabei wird die „Fassadengrammatik“ der bestehenden Fassaden des Nordflügels auf den Südflügel übertragen und durch Reduktion in ein modernes Detail übersetzt. Das Verhältnis von Fensterflächen zu geschlossenen Flächen wird vom bestehenden Nordflügel in den geplant Südflügel übertragen, sodass die geplante Fassaden in der 1.Wahrnehmungsebene gleiche Proportionen erhält (also z.B. ein gleiches Verhältnis von Fensterflächen zu geschlossenen Flächen).

In der Detailausbildung werden die Fenster in Anlehnung an den Bestand mit asymmetrisch versetzten Rotsandsteinfaschen geplant, die Alu-Fensterrahmen werden verdeckt und mit Glasbrüstung ausgeführt. Der Sockel wird analog des Bestands mit einem Rotsandstein weitergeführt. Die Details in Rotsandstein werden über Schattenfugen von den Putzflächen abgesetzt. Alle Details werden dabei flächenbündig ausgebildet, das Schieferdach erhält eine zurückliegende Rinne, die Fallrohre werden in die Fassade eingelassen uns wirken so flächenbündig. Durch die Reduktion in der Detailausbildung wird so in der 2.Wahrnehmunsgebene die pure Grundform herausgearbeitet.Im Hinblick auf die Materialien wird entsprechend des Bestands mit - Rotsandstein, einer Putzfassade, einem Schieferdach - bestehendes Material aufgegriffen und weitergebaut. Die Putzflächen werden in ihrer Farbgebung vom Bestand abgeleitet, aber ebenfalls im Detail differenziert. Es ist ein handwerklicher/haptischer Bürstenputz für den geplanten Südflügel vorgesehen. Die Einfassung der Fenster erfolgt mit asymmetrisch versetzten Faschen. Dieses Stilelement wird dabei aus dem Bestand abgeleitet.

Außenanlage

Die Außenanlage soll ebenfalls neugestaltet werden. Es ist seitens der Stadt Fulda ein Wettbewerb mit Landschaftsarchitekten vorgesehen. Die von RWS dargestellte Freifläche ist daher lediglich Vorschlag und Idee.  Es wird eine Baumachse vorgeschlagen, die im Zusammenhang mit der geplanten Wegeführung einen direkten Sicht(achs)bezug zum Schlosspark herstellt. Der Eingang zum geplanten Südflügel wird an dieser Achse angeordnet. Vor dem Mittelbaukörper können flankierende und die Symmetrie des Baukörpers unterstützende Baumhaine vorgesehen werden.

Technik  /  Energetisches Konzept

Be- und Entlüftung

Die Fenster sind als einflüglige, öffenbare Alufenster geplant. Es kann eine natürliche Be- und Entlüftung über die Fenster erfolgen (Nutzerfreundlich), wobei für die Sicherstellung der tiefen Gebäudestruktur eine mechanische Be- und Entlüftung als Grundlüftung vorgesehen wird.

Schallschutz / Nachhallzeit

Alle Räume können entsprechend Ihren Nutzungen mit Abhangdecken ausgestattet werden um u.a. die Nachallzeit in den Räumen gem. den Anforderungen zu reduzieren und technische Einbauten aufzunehmen.

Fußbodenaufbau

Es ist vorgesehen den Neubau mit Hohlraumboden auszuführen, sodass auch im Hinblick auf Nachinstallationen eine hohe Flexibilität sichergestellt ist. 

Gebäudetechnik / Energieplanung

Die Gebäudetechnik wird gemäß Anforderungen in Zusammenarbeit mit einem Energieplaner erstellt.

Schluss

Die Entwurfsverfasser orientieren sich bei vorliegender Arbeit an einem der Leitgedanken von Adolf Loos: „Hüte dich vor der großen Erfindung, denn das Zeichnen verleitet dazu!“

Informationen

Bauherr:
Landkreis Fulda
LP:
Teilnahme Wettbewerb